
Afrika im Angesicht der Regierung Scholz
In einem Policy Brief fragt Dominique Bocquet, Senior Fellow am Policy Center for the New South (PCNS), welche Position die neue deutsche Regierung gegenüber dem afrikanischen Kontinent einnehmen wird.
Der Autor erinnert daran, dass Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern wie Frankreich und Großbritannien keine starke koloniale Erfahrung in Afrika hat und kein Anrainerstaat des Mittelmeers ist. Dennoch stützt sich Deutschland beim Aufbau von Beziehungen zu seinen afrikanischen Partnern auf andere Parameter (z. B. die Aufnahme ausländischer Studenten und die Einwanderung von Arbeitskräften, die durch den Wohlstand der deutschen Industrie begünstigt werden).
Der Ansatz des deutschen auswärtigen Handelns ist eine auf „Frieden“ ausgerichtete Politik. Aus diesem Grund wurden die Parteien, die bei der Ausarbeitung der Regierungsprogramme eine zentrale Rolle spielen sollen, mit Mitteln für Expertenwissen ausgestattet. Diese Mittel werden insbesondere den diesen Parteien nahestehenden Stiftungen zugewiesen: Friedrich-Ebert-Stiftung für die SPD, Heinrich-Böll-Stiftung für die Grünen und Friedrich-Naumann-Stiftung für die Liberalen. Ihre Tätigkeit erstreckt sich auch auf das Ausland für Bildungs-, Analyse- und Kooperationsmaßnahmen.
Wer hat die Zügel der deutschen Außenpolitik in der Hand?
Der deutsche Bundeskanzler und der Außenminister sind beide durch eine schriftliche Vereinbarung miteinander verbunden: den Koalitionsvertrag. Als Regierungschef kann der Bundeskanzler Impulse geben, Entwicklungen fördern und einen allmählichen Wandel begleiten. Es ist jedoch selten, dass er von heute auf morgen einseitig die Positionen des Landes ändern kann.
Mögliche Entwicklungspfade der deutschen Position
Orchestriert von Olaf Scholz, welche Kanäle stehen der deutschen Regierung zur Verfügung, um ihre internationale Verantwortung, insbesondere gegenüber Afrika, stärker wahrzunehmen?
– Die Europäische Union :
Das europäische Engagement der neuen Regierung ist klar im Koalitionsvertrag verankert. Eine dynamische europäisch-afrikanische Zusammenarbeit wird auf der Tagesordnung stehen. Dasselbe wird in Richtung des Mittelmeerraums geschehen. Berlin legt Wert auf die Rolle des Europäischen Parlaments bei der Festlegung der gemeinsamen Politik, auch im außenpolitischen Bereich. So wird der europäische Reflex der neuen Regierung bei einem Dossier wie der Sahara dazu führen, dass sie sich die Position Frankreichs und Spaniens genau ansieht, Länder, von denen sie weiß, dass sie die Realitäten in Nordafrika aufmerksam verfolgen. Hier liegt auf lange Sicht eine mögliche Quelle für die Entwicklung der deutschen Position.
– Die Wirtschaft :
Als größtes Exportland der Europäischen Union und drittgrößtes der Welt möchte Deutschland den Unternehmen die Arbeit erleichtern und den Handel fördern. Es ist an der geplanten Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone (African Continental Free Trade Area, ACFTA) interessiert. Die Dynamik, die Marokko beim Aufbau einer Reihe von bilateralen Abkommen an den Tag gelegt hat, ist für Deutschland ebenso wichtig wie die Dynamik in Ostafrika. Aufgrund seiner Handelsüberschüsse hat Deutschland keine Angst davor, Energie zu importieren.
Dies macht es zu einem natürlichen Partner für Projekte, die grüne Energie aus dem Maghreb exportieren (Strom, Wasserstoff…).
*Senior Fellow – Policy Center for the New South